Evangelische Frauen sind stark!
Über die gesellschaftspolitischen Umbrüche, über Veränderungen im Verband und inwiefern beides ein radikales Umdenken erfordert – darüber diskutierten die Delegierten des Landesverbands Evangelische Frauen in Hessen und Nassau e.V. am Samstag im Stiftssaal der Darmstädter Stiftskirche. Die erste Jahreshauptversammlung unter Leitung der neuen geschäftsführenden Pfarrerin Anja Schwier-Weinrich konnte glücklicherweise in Präsenz stattfinden.
„In diesen Wochen ist oft von einer Zeitenwende die Rede“, richtete sich Anja Schwier-Weinrich in ihrem Bericht an die Delegierten. „Ukrainekrieg und Waffenlieferungen, plötzlich müssen wir wieder Braunhohle- und Atomkraftwerke am Laufen erhalten. Die Inflation steigt. Das 9-Euro-Ticket erscheint auf der Bildfläche. Es gibt eine Sommerwelle der Pandemie. Kaum noch ein Themenfeld, in dem nicht unsere Kategorien und langjährig gewonnen Erkenntnisse auf dem Prüfstand stehen. Alles scheint ein Umdenken zu fordern – und das von jetzt auf gleich, in rasender Geschwindigkeit.“ Doch, davon ist die neue Leiterin überzeugt: Es gibt auch Beständiges, das Mut macht und Perspektive gibt – auch für die Verbandsarbeit. „Veränderungen mit Werten und Haltung begegnen: Das ist das, was wir als Evangelische Frauen tun. Was wir seit Jahrzehnten tun“, so Schwier-Weinrich. „Und genau das brauchen wir auch heute: Wir müssen dem Neuen, das täglich an unsere Türen klopft, Leben, Überzeugungen und Haltungen mitgeben. Courage und den Mut zur Veränderung, im Verband und in der Geschäftsstelle. Neues wagen, miteinander. Im Respekt vor der Tradition. Darum geht es.“
Konkret leiten sich daraus für sie drei zentrale Schwerpunkte für die künftige Verbandsarbeit ab: Vernetzungen und Kooperationen weiter voranbringen, den Verband weiter finanziell absichern und – vor allem – junge und jüngere Frauen in den Blick nehmen. „Dieser Punkt ist mir besonders wichtig“, betont sie, „die veränderten Lebens- und Arbeitsbedingungen der digital Natives, ihr Freizeitverhalten, Work-Life-Balance, ihre Haltungen und Erwartungen erfordern eine andere Gestaltung unserer guten Arbeit. Mit einer kommunikativen, bildhaften, offenen und der Zeit angemessenen Sprache, damit jene mit ihrem schmalen Zeitbudget überhaupt von uns Notiz nehmen. Wir müssen unsere Veranstaltungen und Angebote konsequent auf deren Bedürfnisse ausrichten, deren Seh- und Informationsgewohnheiten beachten. Der Köder muss dem Fisch schmecken – nicht der Anglerin.“
Orange Days und Schwerpunktthema Frieden
Ein inhaltlicher Schwerpunkt der Verbandsarbeit in den kommenden Monaten wird das Thema Frieden sein. Es wird in den bestehenden Formaten wie der ökumenischen Aktion Wanderfriedenskerze, dem Frauengottesdienst im Advent und dem Weltgebetstag aufgegriffen. „Darüber hinaus beteiligen wir uns an den Tagen in Orange“, berichtet Schwier-Weinrich weiter. Die internationalen „Orange Days“ zur Überwindung von Gewalt an Frauen finden vom 25. November bis 10. Dezember statt. In dieser Zeit werden Gebäude in dieser Farbe angestrahlt und vielfältige Aktionen durchgeführt, um auf diese Gewalt aufmerksam zu machen und sich ihr entgegenzustellen. „Damit wir ein sichtbares Zeichen setzen, brauche ich Sie: Bitte helfen Sie dabei, dass vor vielen Kirchen und Gemeindehäusern die orangenen Fahnen aufgehängt oder die Gebäude in orangenes Licht getaucht werden, um ein deutliches Zeichen gegen Gewalt an Frauen zu setzen“, ruft sie die Delegierten auf.
Auch in Deutschland haben häusliche Gewalt und der Missbrauch von Frauen und Kindern in den Monaten der Corona-Pandemie deutlich zugenommen. Ein potenzieller nächsten Lock-down im Winter sowie die Fußballweltmeisterschafft im November in Katar lassen befürchten, dass die Gewalt an Frauen wie-der ansteigt. Schwier-Weinrich: „Lassen sie uns deshalb gemeinsam Farbe bekennen und den Landes-verband im öffentlichen Raum deutlich sichtbar machen als Streiterin für Frauenrechte!“ Fahnen und Roll-Ups zu den Orange Days können über den Verband bestellt werden.
Einen ersten inhaltlichen Impuls zum neuen Schwerpunktthema Frieden erhielten die Delegierten an-schließend von Prof. Dr. Sarah Jäger. Sie ist Juniorprofessorin für Systematische Theologie / Ethik an der Theologischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena und warf die Frage auf, inwiefern es angesichts der aktuellen Entwicklungen eine neue evangelische Friedensethik brauche.
Evangelische Frauen sind stark!
Im Vorfeld der Jahreshauptversammlung fand der Gottesdienst zur Einführung von Pfarrerin Anja Schwier-Weinrich in der evangelischen Stiftskirche in Darmstadt statt. Er stand unter dem Motto „Evangelische Frauen sind stark!“, die Einführung erfolgte durch die Dezernentin für Kirchliche Dienste in der hessen-nassauischen Kirche, Melanie Beiner. Sie griff das Thema Frieden auf. Frieden ist das Erste, was christliche Bot*innen den Menschen bringen sollen, damit er sich vermehrt. Sie rief auf, nicht zögerlich zu sein, sondern mutig Frieden zu teilen.
Nach den Berichten und den Regularien zum Jahresabschluss wählten die Delegierten des Landesverbands einen neuen Vorstand, dem wieder Frauen aus der gemeindlichen Arbeit und Vertreterinnen von Verbänden angehören. Die erste konstituierende Sitzung mit Wahl der Vorsitzenden wird am 16. Juli 2022 stattfinden. Die bisherige Vorsitzende Luise Böttcher trat nicht mehr an. Seit zwölf Jahren stand sie dem Landesverband vor und wurde feierlich verabschiedet.
Zum Abschied erhielt sie einen teilgeschredderten § 219a StGB, der am Vortag vom Deutschen Bundestag abgeschafft wurde. Der Landesverband und insbesondere die Vorsitzende Luise Böttcher hatten sich immer wieder für dessen Abschaffung eingesetzt. „Dieser Paragraf war nicht mehr zeitgemäß,“ betonte Böttcher in Ihrer Abschiedsrede.
Ebenso wurden feierlich verabschiedet: die langjährigen Vorstandsmitglieder Bettina Luck, Pfarrerin Angelika Maschke und Barbara Schmid sowie die Mitarbeiterinnen Ulrike Lang und Silke Brüll.
Foto: Der frisch gewählte Vorstand des Landesverbands (v.l.n.r.): Pfarrerin Anja Schwier-Weinrich, Kathrin Reis, Dekanin Susanne Schmuck-Schätzel, Bettina Kaiser, Ursula Schmidt, Petra Dehe-Zecha, Oberin Christine Schwarzbeck. Nicht auf dem Foto: Birgit Geimer und Sabine Wießner.
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